Strukturaufklärung funktionell wichtiger Proteinvarianten
NMR, MPI für Biophysikalische Chemie
Wir wollen mittels NMR Spektroskopie und Röntgenstrukturanalyse
zwei verschiedene Proteine, deren Mutationen im Zusammenhang
mit Krebs stehen, charakterisieren. Im Fokus sind hier STATs
(Signal Transducer and Activator of Transcription), die in
jüngster Zeit als potentielle Onkogene identifiziert worden
(Bromberg et al 1999) sind. Vor diesem Hintergrund ist die
strukturelle Charakterisierung von natürlich vorkommenden
Aminosäurevarianten sowie Deletions- und Insertionsmutanten
dieser Proteine von Interesse. Die Strukturaufklärung
solcher Varianten sollte Rückschlüsse auf offensichtliche
Funktionsveränderungen ermöglichen. Daher soll im
Rahmen dieses Graduiertenkollegs die Kristallstruktur einiger
onkologisch interessanter STAT-Varianten aufgeklärt werden.
Darüberhinaus soll die Struktur-Wirkungsanalyse einer
Punktmutation innerhalb einer hoch-konservierten DNA-bindenden
Region der ETS-Domäne von ETV6, die für eine Transdifferenzierung
von lymphatischen Zellen in myelosche verantwortlich sein könnte,
untersucht werden.
Stand der Forschung
Bei den STATs sind bereits mehrere Kristallstrukturen bekannt
(Becker et al 1998b; Chen et al 1998). Es wurden Fragmente
von STAT1- und STAT3-Dimeren im Komplex mit DNA kristallisiert.
Diese Komplexe enthalten weder die N-terminale Domäne,
welche die kooperative Interaktion von STATs mit multiplen
DNA-Bindungselementen vermittelt, noch die Transaktivierungsdomäne,
die aufgrund ihrer intrinsischen strukturellen Flexibilität
keine geregelte Struktur hat. Die Kristallisation der Proteinfragmente
ohne gebundene DNA war nicht erfolgreich. Beide Komplex-Strukturen
zeigen eine starke strukturelle Homologie der beiden Proteinfragmente.
An eine N-terminales 4-Helixbündel schließt sich
die zentrale DNA-bindende Domäne an, die eine Immunglobulin-ähnliche
Faltung aufweist und über Seitengruppen in mehreren Loops
die DNA kontaktiert. An die DNA-bindende Domäne schließt
sich eine helikale Domäne an, die aus zwei Helix-Loop-Helix
Motiven besteht. Bislang konnte dieser Domäne lediglich
die Funktion der Verbindung zwischen DNA-bindender Domäne
und SH2-Domäne zugeordnet werden. An die SH2-Domänen
der STAT-Fragmente schließt sich noch eine kurze Sequenz
an, gebildet, die den Tyrosinrest enthält, der bei Aktivierung
der STATs durch die rezeptorassoziierte Januskinase phosphoryliert
wird. Die Kristallstrukturen zeigen, dass die STAT-Monomere
durch wechselseitige Bindung ihrer H2-Domänen an den Phospho-Tyrosinrest
des jeweils anderen Monomers dimerisieren. Insbesondere bei
der Struktur des STAT3-DNA Komplexes lassen sich aufgrund der
hohen Auflösung (2.2 Å) detaillierte Aussagen über
die Protein-DNA Wechselwirkung machen. Es bestehen nur wenige
spezifische Bindungen zwischen Aminosäureseitengruppen
und einzelnen Basen des pseudosymmetrischen DNA Duplexes. Die
Mehrheit der Wechselwirkungen erfolgt unspezifisch mit den
Phosphatgruppen bzw. den Zuckerresten der DNA.
Das ETV6 Projekt ist unter dem folgenden Aspekt von Interesse:
Die Differenzierung humaner Vorläuferzellen erfolgt entlang
festgelegter Differenzierungspfaden innerhalb von sogenannten
Zellreihen bis hin zu funktionsfähigen Endzellen. Mechanismen
der Zellreihendetermination sind bisher nur unzureichend aufgeklärt,
insbesondere aber die Festlegung von Differenzierungsprogrammen
innerhalb einer Zellreihe (Zellreihen-Festlegung, -Commitment)
ist unzureichend verstanden. Die Umdifferenzierung, d.h. die
gezielte Beeinflussung der Differenzierung von einer Zellreihe
in eine andere könnte einen attraktiven Weg darstellen,
hämatologische Neoplasien zu behandeln und in Anbetracht
der Begrenztheit humaner Stammzellen unterschiedliche Gewebe
unter Umgehung humaner Stammzellen zu generieren.
ETV6 ist eines der am häufigsten translozierenden Onkogene
bei humanen Leukämien und es ist das einzige Onkogen der
ETS-Familie, das eine transkriptionell reprimierende Funktion
aufweist. Bei kindlichen ALL kommt es in etwa 30% der Fälle
zu einer ETV6-AML1 Fusion. Obwohl die ETV6-AML1 Fusion zu präleukämischen
Veränderungen führt, ist ein zweiter genetischer „hit“ notwendig
zur malignen Transformation. Bei den kindlichen AML stellt
diesen zweiten „hit“ in 65 bis 80% Deletionen des
zweiten ETV6 Allels dar (Greaves et al. 2003). Ein anderer
Mechanismus der Inaktivierung des zweiten ETV6 Allels ist bisher
nicht bekannt. Erstmalig wurde 1999 ein neuer Fusionspartner
von ETV6, ARG (ARG=ABL-like protein) bei einer AML beschrieben
(Cazzaniga et al. 1999). In einer AML M3 (Promyelozytenleukämie),
mit ungewöhnlichem Differenzierungspotential in die basophile
granulozytäre Reihe, wurde von einer japanischen Gruppe
ein ETV6-ARG Fusionsgen beschrieben (Iijima et al. 2000). Analysen über
das zweite ETV6-Allel liegen in beiden Fällen nicht vor.
Erste Ergebnisse zeigen, dass das ETV6-ARG Fusionsgen zu autonomen
Wachstum von Zytokin-abhängigen Zelllinien führt
(Iijima et al. 2002). Die Struktur der kognaten DNA mit der
ETS Domäne ist mit Röntgenstrukturanalyse und NMR
gelöst (Kodandpani et al. 1996, Werner et al. 1997). Man
kann dann mit Hilfe der NMR Spektroskopie überprüfen,
ob die Struktur des Proteins erhalten bleibt.
Weiterführende Literatur
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